Was sind Orchideen und was macht sie so besonders?

Orchideen sind – mit derzeit rund 28.000 akzeptierten Arten – die zweitgrößte Blütenpflanzen-Familie weltweit.

Diese Vielfalt und Unterschiedlichkeit führt zu der Frage – Woran erkennt man eine Orchidee? Der Blütenaufbau ist ein wesentliches Merkmal. Orchideenblüten sind in der Regel monosymmetrisch. Zieht man eine senkrechte Spiegelachse, dann erkennt man zwei spiegelgleiche Hälften. Die Blüten zeichnen sich durch einen speziellen Aufbau aus, bei dem die weiblichen Teile der Blüte zu der sogenannten Säule und die männlichen Teile oder Staubblätter zu dem sogenannten Pollinarium verwachsen und unter einer Schutzkappe versteckt sind. Drei Sepalen (äußere Blütenblätter) und drei Petalen (innere Blütenblätter) bilden den Blütenkreis. Die unterste Petale sieht anders aus – sie bildet die Lippe, auf der die Bestäuber „landen“ sollen.

Phalaenopsis violacea – Foto von C. Panhölzl

Orchideen „stehlen, lügen, betrügen“ und sehen dabei unverschämt gut aus.

Die meisten Blütenpflanzen bieten ihren Bestäubern Nektar an, um sie anzulocken und für die Bestäubung zu belohnen. Die meisten Orchideen hingegen täuschen ihre Bestäuber. Sie locken sie mit unterschiedlichen Tricks zu ihren Blüten, wo sie ihnen den Pollen aufkleben und sie dann ohne Belohnung weiterziehen lassen. Manche Orchideen sehen anderen Blüten täuschend ähnlich und werden dadurch von den Bestäubern verwechselt. Andere sehen aus wie Weibchen oder duften sogar so und täuschen somit die männlichen Bestäuber.

Orchideen setzen bei der Bestäubung auf eine eigene Strategie -> Quantität statt Qualität. Anstatt wenige Samen mit zusätzlichem Nährgewebe zu bilden (die garantiert keimen und wachsen), bilden sie unzählig viele Samen aus die leicht vom Wind über große Gebiete verbreitet werden können. Das hat den Nachteil, dass nur wenige der Samen auch tatsächlich keimen.

Ohne Nährstoffe der Mutterpflanze benötigen Orchideensamen in der Umwelt Pilze, um zu keimen. Manche Orchideen bilden eine Symbiose mit diesen Pilzen aus. Sobald die Orchideen Blätter ausgebildet haben, liefern sie Nährstoffe zurück an den Pilz, der ihnen zum Keimen verhalf. Andere Orchideen nutzen den Pilz ihr Leben lang aus – Sie zwingen ihn dazu, (ohne Gegenleistung) permanent Nährstoffe an sie abzugeben. Dies führt bei manchen Arten sogar soweit, dass sie kein Chlorophyll ausbilden und als ständige Parasiten der Pilze oder anderer Pflanzen leben.

Diese Eigenheit macht die Nachzucht von bedrohten und seltenen Orchideen ausgesprochen schwierig. Ohne Pilze muss die Nachzucht auf speziellen Nährböden, wie sie auch in der Mikrobiologie verwendet werden, und unter sterilen Arbeitsbedingungen stattfinden. Näheres dazu finden Sie unter dem Punkt Orchideenvermehrung über Samen.

Orchideen haben mit Ausnahme der Wüsten und der Antarktis jeden Lebensraum der Erde erobert und kommen weltweit vor. Auch in Österreich gibt es viele heimische Erdorchideen die von Frühling bis Herbst an speziellen Standorten zu finden und zu bewundern sind.

Helm – Knabenkraut (Orchis militaris) im Nationalpark Donau Auen Wien – Foto von C. Panhölzl

Die beeindruckensten Orchideen finden sich allerdings in den tropischen Gebieten der Erde. Vor allem die Entdeckung und Erkundung der Amerikanischen Kontinente führte zu einer regelrechten Orchideenmanie in England des 19. Jahrunderts. Wohlhabende Orchideensammler finanzierten aufwändige und gefährliche Expeditionen auf der Suche nach neuen noch nicht entdeckten Orchideen im tiefen Dschungel Südamerikas. Besonders hervorheben lassen sich hier die Arten der Gattung Cattleya die mit ihren großen und meist angenehm duftenden Blüten besonders begehrt waren und für viel Geld in England versteigert wurden.

Cattleya mossiae am Naturstandort in Venezuela-Foto von M. Speckmaier

Wie auf dem Bild erkennbar ist, wachsen die tropischen Orchideen oft direkt am Stamm großer Bäume. Sie nutzen ihre Wurzeln dabei lediglich dazu sich an der Baumrinde festzuhalten und nicht wie die bei uns heimische Mistel um sich Wasser und Nährstoffe von den Bäumen zu stehlen. Es gibt auch Orchideen die in der Erde oder an Steinen wachsen aber die meisten in Europa gehaltenen tropischen Orchideen sind sogenannte Epiphyten (=Aufsitzerpflanzen) wie die Cattleya mossiae im Bild.

Es dauerte mit Beginn der Orchideenkultur in England des 19. Jahrunderts auch nicht lange bis die Liebhaber versuchten unterschiedliche Arten miteinander zu kreuzen um neue Formen und Farben hervor zu bringen. Die daraus resultierenden Orchideenhybriden erwiesen sich als zum Teil robuster und leichter in der Pflege als die ursprünglichen Naturformen. Die schier unendlichen Kombinationsmöglichkeiten führten dazu, dass mittlerweile weit über 100.000 registrierte Kreuzungen von Orchideen existieren und sich großer Beliebtheit erfreuen.

Foto von C. Panhölzl
Foto von C. Panhölzl
Foto von C. Panhölzl